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Hofmann&Lindholm © Hofmann&Lindholm

Vita


Das Regie- und Autorenteam Hofmann&Lindholm realisiert Projekte an den Schnittstellen von szenischer, bildender und akustischer Kunst.
Ihre überwiegend konzeptbasierten Arbeiten zeichnet die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Phänomenen und Erkundung neuer Erzählweisen, Bildsprachen und Formate aus. Darunter finden sich zahlreiche szenische Gebrauchsanweisungen, Partituren und Aktionen, die Hannah Hofmann und Sven Lindholm seit 2000 mit wechselnden Komplizenteams im öffentlichen und privaten Raum umsetzen.

Hannah Hofmann (*1971) und Sven Lindholm (*1968) haben in den 90er Jahren Drama, Theater, Medien am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen studiert. Im Wintersemester 2009/2010 hatten Hofmann&Lindholm eine Gastprofessur an der Universität der Künste in Berlin inne. 2012 wurde die Flat-Coated-Retriever-Hündin Amber als Teamcoach zum festen Bestandteil von Hofmann&Lindholm und begleitet seither Veranstaltungen, Workshops und Probenprozesse. Seit 2016 ist Sven Lindholm Professor für Szenische Forschung am Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Projektweise wird das Regie- und Autor*inpaar durch den Theater- und Medienverlag schaefersphilippen vertreten.

"Hannah Hofmann und Sven Lindholm arbeiten seit zwanzig Jahren als Regie-, Autor*in- und Künstler*inteam zusammen. [...] Als Hofmann&Lindholm bewegen sie sich in Theater, Performance, Aktions-, Raum- und Radiokunst gleichermaßen, forschend, erprobend und offen für unterschiedlichste Institutionen und Hintergründe. So erarbeiten sie Bühnenstücke, Hörstücke, Filme, Raum- oder Medieninstallationen in und für Freies sowie Stadttheater, Ausstellungen, im öffentlichen Raum und für Radiosender. Sie haben dabei in den letzten zwei Jahrzehnten in der Arbeit mit, in und an den Gattungen eigene Formate etabliert, bestehende Genregrenzen abgetastet und auf ihnen Schwellen gesucht, die einen Übertritt zu anderen, neuen Formen möglich machen: In der Archivierung von Zukunft im Rahmen ihres Pre-Enactments, in Komplizenstücken, Nachbarschaftssimulationen, im Verschwindenlassen des Publikums auf offener Bühne, durch Inszenierung einer nicht stattfindenden Aufführung für den Repertoirebetrieb eines Staatstheaters, in scheinaffirmativen Produktplatzierungen im Theaterraum, in einem Revoltainment oder bei vorsätzlicher Unruhestiftung in der Schweiz arbeitet sich das Duo an Themen ab und zu Themen vor, die von sozialer, kultureller, politischer – oder auch: von künstlerischer Dringlichkeit sind."
Vorsatz zum Nachstellen von Philipp Blömeke. In: 'Hofmann&Lindholm. Nachgestellte Szene', Berlin (Theater der Zeit) 2020.

Auszeichnungen

Das Goethe-Institut zählt Hofmann&Lindholm zu einem der 25 prägendsten Performance- und Regiekollektive in Deutschland.
2009 erhielten sie den Theaterpreis der Stadt Köln für ihre Inszenierung 'noch nicht' - eine Koproduktion mit dem Schauspielhaus. Im selben Jahr wurde ihnen ein Atelierstipendium des Kölnischen Kunstvereins zuerkannt. Von 2012-2022 erhielten Hofmann&Lindholm die Spitzenförderung durch das Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, die "der Anerkennung von Arbeiten mit herausragender überregionaler und internationaler Strahlkraft" Ausdruck verleihen soll und wurden 2022 in die Exzellenzförderung aufgenommen. Ihr Pre-Enactment ‚Archiv der zukünftigen Ereignisse’ wurde 2012 für den Grimme-Online-Award in der Kategorie Spezial und das Feature ,Donalds Donald' von Deutschlandfunk 2018 für den Prix Europa nominiert.
2023 wurden Hofmann&Lindholm für ihre "Ästhetik des Widerstands" mit dem Tabori-Preis geehrt, der höchsten Auszeichnung der freien Darstellenden Künste in Deutschland. Aus der Jurybegründung: Hofmann&Lindholm ist es "gelungen, eine völlig neue Herangehensweise an das Feld der performativen Künste zu etablieren und ein teils dokumentarisches Format zu prägen, für das es noch keinen Begriff gibt und vielleicht auch nicht geben kann, außer Hofmann&Lindholm."

Zur ausführlichen Jurybegründung

Über H&L
Durch ihre sorgfältig recherchierten Texte, ihren analytisch-distanzierten Blick auf die Materialanordnung, ihre präzisen Montagetechniken und Handlungsanweisungen gelingen ihnen subtile Einschübe in tiefere Wahrnehmungsschichten, die detailscharf Verhältnismäßigkeiten zwischen Vergangenheit, Gegenwart und einer möglichen Zukunft abwägen, differenzieren und neu vermessen. [...] Die Werkgenauigkeit und Faktenkenntnis sind hier die handwerkliche Basis für ihre fein austarierten Narrative von seltener gedanklicher Klarheit und Dichte. [...] Wie forensische Architekten, die Erinnerungssplitter verifizieren und Leerstellen rekonstruieren, um neue Deutungsräume zu erschließen, so entwerfen, fiktionalisieren und archivieren Hofmann&Lindholm ihre Bildgedächtnisse und Zeitportraits: Leise, nachdenklich, unaufdringlich, poetisch, klug und intellektuell eigensinnig.
Vorwort der Kunstsiftung NRW. In: 'Hofmann&Lindholm. Nachgestellte Szene', Berlin (Theater der Zeit) 2020.


Darin scheint mir die Qualität und Aktualität der Arbeiten von Hofmann&Lindholm zu liegen: Es gelingt ihnen immer wieder, den Einsatz der ästhetischen Mittel gegen die Faulheit des Denkens zu wenden. Durch ihre szenischen, filmischen und installativen Versuchsanordnungen zieht sich als ein roter Faden der Entwurf einer notwendigen Verknüpfung von Ästhetik und Ethik für die heutige Zeit. Insofern scheint es konsequent, dass sie sich mit ihren künstlerischen Konzepten von jenen Tendenzen des Gegenwartstheaters abheben, die vor allem auf die identifikatorische und die gemeinschaftsstiftende Wirkung des Theaters setzen. In einer Welt, die uns alle zu Mitspieler*innen in einem katastrophischen Szenario macht, verlegen Hofmann&Lindholm den Schauplatz des Theaters in die Köpfe der Zuschauer*innen. Sie eröffnen damit die Perspektive eines Theaters ohne »als ob« und ohne Selbsttäuschung, eines Theaters ohne Theater.
Theater ohne Theater von Kathrin Tiedemann. In: 'Hofmann&Lindholm. Nachgestellte Szene', Berlin (Theater der Zeit) 2020.

Die Kunst von Hofmann&Lindholm begreift Installation als ein Feld strukturierter und strukturierender Differenzen, in dem Objekte, streng lokalisierte Ereignisse und zutiefst persönliche Geschichten und Körper auf derselben Ebene erscheinen wie Publika, kollektive Gedächtnisse, politische Großereignisse und globalisierte Öffentlichkeiten. Klug müssen sie in ihrer Differenz voneinander und zueinander situiert werden, damit ein UND ins Spiel kommt, das sich nicht im Voraus bestimmen lässt, sondern nur als ein sich ereignendes UND auftaucht. Insofern dieses UND Konjunktion und Kluft zugleich ist, gehört es keinem Konzept zu, sondern zu einer künstlerischen Intervention und einer künstlerischen Praxis in situ. Es bringt ständig changierende Konfigurationen hervor, die sich nicht schließen lassen.
Die Kunst, ein UND zu installieren von Ulrike Haß. In: 'Hofmann&Lindholm. Nachgestellte Szene', Berlin (Theater der Zeit) 2020.


„Statt von der Herauslösung eines Kunstwerks aus aller anderen Raumzeit auszugehen, greifen die Arbeiten des Künstlerduos Hofmann&Lindholm vielmehr in gängige gesellschaftliche Prozesse, Strukturen, Gedächtnisse oder Räume ein. Anstelle eines Werks, das Anfang und Ende in sich hat, entsteht in einem bereits woanders begonnenen (und nicht mit einem Kunstwerk endenden) kollektiven Vorgang eine Kunstform. Ihre Kunst scheint darin zu bestehen, die Teilnahme an einer gesellschaftlichen kollektiven Struktur so herauszuarbeiten, dass sie für sich selbst genommen wird. [...] Für sich genommen, ausgestellt und verfremdet, also unbestimmt, wird die Teilnahme an einer Form von Kollektivem zu einer Kunst, in der Ausstellung und Teilnahme tendenziell zusammenfallen.“
Das Werk der Teilnahme von Marita Tatari. In: 'Hofmann&Lindholm. Nachgestellte Szene', Berlin (Theater der Zeit) 2020.

Hofmann&Lindholm prägen seit nunmehr 20 Jahren das, was in Theater und Performance passiert, und setzen bundesweit neue Impulse. Dabei gelingt es ihnen immer wieder, Themen, die dringlich sind, mit einem starken ästhetischen Zugriff zu verknüpfen [...]. Hofmann&Lindholm zählen zu den wichtigsten Theatermacherinnen und -machern des Landes. Begründung der Jury zur Vergabe der Spitzenförderung Theater, 2019


Komplizen - so nennen Hannah Hofmann und Sven Lindholm ihre nicht-professionellen Darstellerinnen und Darsteller. Gemeinsam mit diesen Komplizen entwickeln sie Aktionen, die direkt in die gesellschaftliche und marktökonomische Wirklichkeit intervenieren und deren Strukturen und Mechanismen stören, unterlaufen, sie sich aneignen, in Bewegung versetzen, gegen den Strich wenden, umdeuten. [...} Die Aktionen, die in der Realität ohne Zeugen bzw. ohne wissende Zeugen vonstatten gehen, werden auf der Bühne der Öffentlichkeit präsentiert. Die Komplizen berichten von widerständigen Praktiken des Einzelnen in einer von ökonomischen Gesetzen geordneten Welt. So simpel oder unscheinbar die einzelnen Aktionen sind, so deutlich stellen sie die Mechanismen aus, nach denen unser Alltag in einer spätkapitalistischen Gesellschaft funktioniert. Hofmann&Lindholm sprechen von "Gebrauchsanweisungen" für zeitgenössische Revolten im Kleinen. Indem die Komplizen vor einem Publikum die Verantwortung für die Interventionen übernehmen, verweisen sie auf die Handlungsfreiheiten des Einzelnen innerhalb des Systems. Der Einzelne kann sich nicht entziehen, kann sich nicht außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung stellen, hat aber bei Hofmann&Lindholm sehr wohl die Möglichkeit, sich Spielräume zu eröffnen, Taktiken im Sinne Michel de Certeaus zu realisieren, jener "Kunst des Schwachen", die den Augenblick und die Lücken nutzt, um in der Ordnung des "Starken" zu wildern und für Überraschungen zu sorgen: "Streiflichter, Kanlleffekte, Risse und Volltreffer in den Netzen eines Systems."
Was tue ich hier eigentlich? von Miriam Dreysse. In: Schauspielen heute, transkript Theater, 2011


Hofmann&Lindholm beherrschen das Jonglieren mit Fragen der Realität und Authenzität, von Spiel und Rolle virtuos und man muss nicht darauf hinweisen, dass die Bedeutung dieser Begriffe weit über das Theater hinausweist. So funktionieren ihre Stücke zugleich als Seismographen einer gesellschaftlichen Normativität, die minutiös auf Spielräume des Individuellen abgetastet wird.
Auszug aus der Laudatio zur Verleihung des Theaterpreises der Stadt Köln von Hans-Christoph Zimmermann, 2009


Auch Hofmann&Lindholm arbeiten mit nicht-professionellen Akteuren, die in ihren Produktionen als Komplizen gelten. Ihre Arbeiten könnte man im weitesten Sinne als soziologische Experimente bezeichnen [...] Gegenstand dieser Experimente und Untersuchungen sind Konventionen, auf denen die Interaktionen des Alltags basieren, das was unterhalb sozialer Regeln oder Normen liegt, meist unbewusst bleibt und als "soziale Praktiken" beschrieben werden kann. In den Produktionen von Hofmann&Lindholm werden diese Praktiken zum Thema, es wird mit ihnen gespielt und sie werden dadurch bewusst gemacht. Die Akteure sind insofern tatsächliche "Spezialisten des Alltags", als sie alltäglich in diesem Untersuchungsfeld agieren.
Experten, Komplizen und Erinnerungsspieler von Ulrike Hentschel. In: Erzählen. Narrative Spuren in den Künsten, Schibri-Verlag 2009


Hofmann&Lindholm sind ein Künstlerpaar, das sich nicht so ohne weiteres einordnen lässt. Sie sind Konzeptualisten, die sich von bildender Kunst befruchten lassen, Theatermacher, die die Bedingungen von Theater hinterfragen, aber auch Hörspielautoren und Filmemacher. [...] Das „Theater“ von Hofmann&Lindholm begreift sich als politisch, aber ohne aufklärerischen Impuls. Dem Zuschauer wird nicht vorgeschrieben, was er zu denken hat, sondern er wird in eigene Gedanken gestürzt.
aKT.1 von Dorothea Marcus, März 2009


Hannah Hofmann und Sven Lindholm, die seit 1999 gemeinsam inszenieren, haben sich an der Schnittstelle von Theater, Performance und bildender Kunst etabliert. Ihre Bühnenprojekte sind subversive Brechungen von Alltagsrealitäten - so drehen sie etwa den modernen Warenverkehr um, indem sie Konsumgüter in das Angebot von Kaufhäusern einschmuggeln.
Innenansichten aus einer verkehrten Welt, von Florian Launus, Westdeutsche Zeitung, 27.5.2008


Hannah Hofmann und Sven Lindholm sind zu sehr Künstler, um Aktivisten zu sein. Gleichzeitig sind sie aber auch zu wenig Theatermacher, als dass sie sich mit rein symbolischen Handlungen im Bühnenraum zufrieden geben würden. Seit 2000 erarbeiten sie Projekte, die auf der Grenze zwischen bildender Kunst und Theater angesiedelt sind und ein intelligent-unterhaltsames Spiel mit unserer sozialen Realität entfalten. [...] Hofmann&Lindholm haben durch ihre exemplarische Arbeit mit ‚Alltagsexperten’ die aktuellen Diskurse über den Umgang mit Realität auf dem Theater entscheidend mitgeprägt.
Spielzeitmagazin, Schauspiel Essen von Kathrin Tiedemann, 2006/07


Hannah Hofmann und Sven Lindholm sind aus der Talentschmiede des Gießener Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft hervorgegangen. Seit 1999 realisieren sie Projekte am Schnittpunkt zwischen Bildender Kunst, Theater und Performance. [...] Ihre Produktionen verstehen sie als 'Gebrauchsanweisung' fürs Publikum, bei der es nicht darum geht, 'die Regeln, nach denen gesellschaftliches Leben funktioniert, zu sprengen, sondern beweglich zu machen.' [...] In der Aussparung von individueller Handlungsmotivation liegt denn auch ein entscheidender Unterschied zur ebenfalls mit Laien arbeitenden Gruppe Rimini Protokoll, die ihre Stücke gerade aus der gebrochenen Biografie der Mitwirkenden entwickeln. Auch wenn beide Gruppen auf dem Feld theatralischer Dokumentarformen experimentieren, Hofmann&Lindholm gehen dabei in Sachen Authentizität und Fiktion einen entscheidenden Schritt weiter als Rimini Protokoll. So wie ihre 'Alltagsspezialisten' das Verhältnis von Individualität, Bühnenrolle und sozialer Rolle zum Tanzen bringen, so sind die subversiven Akte nicht wirklich zu beglaubigen. Es ist nicht zu klären, ob hier Erfundenes authentifiziert oder Wirklichkeit fiktionalisiert wird.
taz von Hans-Christoph Zimmermann, 2007


Die Arbeit am Nicht-Perfekten muss keineswegs immer nur grelle Effekte suchen, sondern vermag es mitunter auch, die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf subtile Weise zu verschieben. Das zeigt [...] das Regieduo Hofmann&Lindholm. [...] Für die Beschreibung sind zwei Ebenen zu unterscheiden: die Ebene der durchgeführten Aktionen (subversive soziale Praxis), durch die die Handelnden in Kontakt mit der Umwelt treten, und die Ebene der eigentlichen Aufführung, die eine Art 'inszeniertes Protokoll' der Handlungen ist. Ein theoretisches Modell dafür ist Brechts Straßenszene, bei der es auch nicht darum geht, einen Vorgang vorzuführen, sondern von ihm zu berichten, wobei auch Brecht an Laien als Darsteller der Straßenszene dachte. Der Modus der Rede ist damit nicht der Bühnendialog, sondern die Ansprache an das Publikum. [...] Es geht bei den Handlungen nicht um raffinierte persönliche Bereicherung. Einige Aktionen kosten die Handelnden mehr als sie einbringen. In diesem pekuniären Sinne lohnt sich die Handlung nicht. Was bringt sie dann? Funktionierende soziale Systeme, Strukturen bzw. Institutionen werden bedient, benutzt, untersucht, beherrscht, ausgenutzt und unterwandert. Dabei weisen sich die Darsteller ihre Rollen selbst zu. Das Verhältnis des Einzelnen zu vorgegebenen Strukturen wird auch auf der Ebene der Aufführung selbst thematisch. Die Darsteller sind in ein verhältnismäßig starres Formkorsett gestellt. Ihre Handlungsmuster folgen einem fast rituellen Ablaufplan. [...] Es wird bei allem auf strenge Ordnung geachtet. Teilweise werden Handlungen parallel oder gemeinsam ausgeführt. Zu einer bewusst gestalteten Interaktion, beispielsweise einem Gespräch untereinander, kommt es kaum. Man gewinnt den Eindruck, diese Menschen wissen, was sie tun; sie verstehen sich, ohne miteinander zu sprechen. Die Darsteller verzichten vollkommen darauf, ihre Eindrücke, Ängste oder Empfindungen mitzuteilen. Von Zweifeln oder Problemen ist gar nicht die Rede. Hier werden keine Gefühle ausgedrückt, sondern Handlungen zu Protokoll gegeben. Hierdurch gewinnen die Darsteller eine mitunter unheimliche Souveränität. Ihr Handeln erscheint konspirativ und man weiß nicht genau, ob von ihnen eine Bedrohung ausgeht oder ob man den kreativen Guerilla-Kampf eher belächeln soll. [...] Die Inszenierung macht auf dieser formal-darstellerischen Ebene körperlich erfahrbar, was sie inhaltlich in den Handlungsberichten beschreibt: Wie passt man sich in ein soziales System ein, ohne sich ihm gänzlich anzupassen?
Dramaturgie heute von Jens Roselt, 2006


Theaterleute, aber zunehmend auch Künstler anderer Herkunft, operieren [...] verstärkt an den Grenzen zwischen Theater und Realität, indem sie immer wieder auch mit Laien arbeiten, indem sie den Theaterraum verlassen und andere Wahrnehmungs- und Begegnungsformen sowohl mit dem Theater als auch mit Menschen suchen, die – wenn überhaupt – eher zu den Zuschauern (durchaus im weitesten gesellschaftlichen Sinne [...]) zu rechnen sind. So zu sehen und zu erleben beispielsweise bei Frank Castorf, Elena Kovylina, Jochen Gerz, Rimini Protokoll (Haug/Wetzel/Kaegi) oder den Projekten von Hofmann&Lindholm. In den Arbeiten dieser Künstler wird die Möglichkeit eröffnet, den Begriff des Spiels in seinen unterschiedlichen Facetten aufzufalten, und zwar so weit, dass er sich wieder einer neuen Vorstellung von Authentizität annähert, bzw. die Frage nach dem Authentischen erneut Relevanz gewinnt, ebenso wie Fragen nach (politischer und ästhetischer) Macht und Moral.
Theater der Zeit / Recherchen 18, Berlin 2004


Situationen herstellen, Fragen eröffnen, keine Antworten präsentieren: Hofmann&Lindholm sehen sich als Grundlagenforscher, als Beobachter, als Rechercheure in Sachen Theatralik. Das setzt eine gewisse Distanz voraus. Und ZuschauerInnen, die sich auf neue Wege einlassen, »die eine Dauer auch in sich selbst aushalten können«, meint Hannah Hofmann. »Wir halten die Position für zumutbar, dass das Publikum Dinge nicht verstehen muss oder kann, dass es nicht bedient wird.
Auf der Schwelle von Susanne Finken, Stadtrevue, 6/2003


[...] Doch weil sie das Aufzählen und Zeigen dem Erzählen und Interpretieren vorziehen, haben sie nichts vom ideologisch Verbissenen (Medienkritik!), von der Sperrigkeit und hermetischen Verschlossenheit (Avantgarde!), die konzeptionelles Theater auch schon ausgezeichnet hat und bisweilen noch auszeichnet. Stattdessen sitzt man meistens bestens unterhalten in diesen biographischen oder kulturwissenschaftlich angehauchten Untersuchungen, als war's das amüsanteste Revuetheater, bloß ohne sich für blöd verkauft zu fühlen.
Theater Heute Jahrbuch von Eva Behrendt, 2003

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