Ein Werk verschwindet
Intervention / FilmDer Titel ist Programm: In bester Illusionisten-Manier präsentieren Hofmann&Lindholm ein Showformat, auf dessen erstaunlichem Höhepunkt das Opelwerk I in Bochum verschwindet.
Der Film 'Ein Werk verschwindet' dokumentiert ein Ereignis, das die Vorstellungskraft einer ganzen Region auf die Probe stellt: Über 5.000.000 Kubikmeter umbauter Raum, mehr als 15.000 Tonnen Stahl, sowie mehrere tausend Maschinen und Anlagen lösen sich von jetzt auf gleich in Nichts auf. Der Film thematisiert nicht allein das Verschwinden eines Automobilwerks in Deutschland; er stiftet auch Raum für Projektionen und kann als Metapher unserer postindustriellen Gegenwart verstanden werden. 'Ein Werk verschwindet' nimmt einen Verlust vorweg, der nicht nur kollektiv erlebt und hingenommen,- sondern auch innerhalb eines bizarr anmutenden Festakts zugelassen und anerkannt wird. Auf Grundlage von Fakten wird eine Fiktion geschaffen, deren eigentliche Magie darin besteht, dass die Illusion durchlässig ist – für die Realität.
Moderation: Bettina Engelhardt, Raiko Küster
Mit:
Martin Bartholomew, Sarah Benz, Jürgen Böttger, Nadine Braun, Elmar Brückner, Frank Brückmann, Fabienne Ciesler, Martina David, Nathalie David, Gerda Drepper, Rose-Marie Drohn, Monika Erber, Gerhard Feldheim, Dieter God, Andreas Gradner, Dorothee Groetzner, Jelka Habert, Holger Hahne, Roswitha Hahne, Björn Hangebrauck, Margit Heinz-Süselbeck, Michael Kalthoff, Hans-Jürgen Kaminski, Harald Kärger, Annette Kärger-Steinhoff, Kathrin Kepper, Ute Knoop, Bettina Köper, Thomas Kolbe, Inka Krüger, Karlheinz Lohbeck, Anita Lutz, Claudia Menzel, Bärbel Milewski, Andreas Mügge, Annedore Müller, Heinz Münkel, Uschi Münkel, Helga Papies, Johanna Reese, Renate Reichmann, Anna Reinartz, Jannek Riggert, Carolin und Oliver Rüdiger, Nora Schultze, Jörg Süselbeck, Anja Tewes-Berlenz, Chris Tomaschewski, Tanja Weber, Florian Welsch, Andreas Zawis
Konzept, Skript, Regie: Hannah Hofmann, Sven Lindholm
Kamera: Kevin Barz, Kai Erne, Daniel Gugitsch, Robin Junicke, Hannah Hofmann
Schnitt: Hannah Hofmann, Sven Lindholm
Ton: Frank Böhle, Peter Harrsch, Hannah Hofmann, Sven Lindholm
Animation: Jan Sickinger
Leitung Veranstaltungstechnik: Benjamin zur Heide
Leitung Kameratechnik: Robin Junicke
Produktionsleitung: Alexandra Schmidt
Veranstaltungstechnik: Frank Böhle, Holger Braun, Ingo Fey, Michael General, Gerd Mikuscheid, Christian Pollhammer
Mitarbeit: Claudia Bisdorf, Matthias Engling, Helene Ewert
Kostüm: Anna Maria Schories
Maske: Astrid Schenke
'Ein Werk verschwindet' ist eine Produktion von Hofmann&Lindholm mit Unterstützung von 'Das Detroit-Projekt' von Schauspielhaus Bochum und Urbane Künste Ruhr. 'Das Detroit-Projekt' wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Kunststiftung NRW. Hofmann&Lindholm werden durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Mit Dank an die Adam Opel AG, Alexander Bazio und Dieter Reeps.
Schauspiel Stuttgart
Unheimlicher Dokumentarismus. Der Film führt das Verschwinden des Werks als performativen Akt vor: Analog zu Copperfields Show-Format sieht sich das Publikum einer Moderatorin gegenüber, die im Cocktailkleid durch den Abend führt, ihr Kompagnon ist für die Außenreportagen im Werk zuständig – beide Akteure gehören dem Ensemble des Schauspiel Bochum an; so viel zum Theater. Die Zuschauer aber sind 'echt', sie sind Opelaner und interessierte Bochumer, die einem Zeitungsaufruf gefolgt sind und aus eigenem Antrieb zu Komplizen werden. Die gelegentlichen Fragen der Moderatorin beantworten sie ganz und gar nach ihren eigenen Vorstellungen, kein Skript schreibt ihnen die Reaktion vor, und doch spielen sie genau ins Konzept der Regisseure. Je stärker Hofmann&Lindholm hier die Dosis des Dokumentarismus einsetzen, desto unheimlicher, ja unrealistischer scheint der Film zu werden. Imagination des Verschwindens. Wenn Imagination im Theater üblicherweise eine Additionsleistung erfordert, der Zuschauer sich also zu einem Schauspieler mit einem Lenkrad in der Hand noch ein Auto und eine Straße und den lärmenden Verkehr dazu denken muss, so fordern Hofmann&Lindholm ihr Publikum immer wieder zur Subtraktion auf, stellt Journalist Hans-Christoph Zimmermann im Gespräch mit den Künstlern heraus: Das Werk verschwindet nur durch die (negative) Imagination des Kollektivs.
Lena Hintze
Premiere hinterlässt sprachloses Publikum
Es ist kurz vor halb acht, die Welt ist noch in Ordnung, die Vorstellung beginnt. Hofmann&Lindholm gehen sensibel mit der empfindlichen Thematik um. Der Film klagt nicht an und sucht keine Schuldigen, er ist nicht sensationsheischend. „Es ist die Metapher eines Moments der Imagination“, sagt Sven Lindholm, „etwas, was das Leben vieler über Jahrzehnte geprägt hat, ist plötzlich weg."